Vincent, 26. SSW

Vincent, geb. 02.07.2016, SSW 26+3, 975g/39,5 cm

„Es kam alles ganz anders als geplant.“

Dieser Satz beschreibt wohl das Gefühlschaos am besten, das man als Eltern von Frühchen durchlebt. Eltern sein plötzlich und unerwartet. In der 26. SSW bekam ich ein unangenehmes Ziehen im Unterleib. Da mein Mann sich Sorgen machte, sind wir zum Gynäkologen gefahren. Dort stellte der Arzt fest, dass der Muttermund bereits geöffnet war und ich sofort ins Krankenhaus musste.
Ich war völlig aufgelöst, ich musste viel weinen und wir machten uns große Sorgen.
In der Klinik versuchten die Ärzte noch die Wehen zu stoppen, um die Geburt weiter hinauszuzögern.
Die Wehen Tätigkeit verringerte sich auch zunächst und wir konnten kurz aufatmen.
Am nächsten Morgen hatte ich jedoch plötzlich starke Schmerzen und Blutungen. Per Ultraschall stellten die Ärzte eine Plazentaablösung fest und die Ärzte beschlossen den Kleinen per Not-Kaiserschnitt zu holen.
Vincent kam am 02.07.2016 um 10:16 Uhr auf die Welt.
Für sein geringes Alter hatte er mit 975g schon ein gutes Gewicht und er konnte schon eigenständig mit einer kleinen Unterstützung (CPAP) atmen. Mein Mann durfte unseren kleinen Helden bereits kurz nach der Geburt begrüßen.
Am Abend musste er beatmet werden, da er sehr erschöpft war. Die nächsten Tage verliefen gut.
Am dritten Lebenstag stellten die Ärzte jedoch eine Hirnblutung in beiden Gehirnhälften fest. Die Ärzte haben uns sehr genau über die Risiken aufgeklärt und uns aber auch Mut gemacht, da Frühgeborene Hirnblutungen auch gut kompensieren können.
Insgesamt mussten wir jedoch noch fünf Monate darauf warten, bis unser kleiner Kämpfer nach Hause durfte.
Eine Infektion folgte auf die nächste. Hinzu kam eine nekrotisierende Enterokolitis (eine für Frühchen typische Erkrankung des Darms), wodurch unser Sohn einen künstlichen Darmausgang benötigte.
Vincent musste letztendlich viermal am Darm operiert werden. Aufgrund der Hirnblutung und dem daraus resultierenden Hirndruck bekam Vincent ein Omaya-Reservoir, um den Hirndruck durch Punktieren des Reservoirs zu reduzieren.
Die Zeit in der Klinik kam uns wie eine Ewigkeit vor, aber wir haben fest daran geglaubt, dass wir es schaffen. Vincent hat sich mit all seiner Kraft ins Leben gekämpft. Wir waren jeden Tag an seiner Seite, haben ihm vorgesungen, ihm Geschichten erzählt, gekuschelt, zusammen geweint und gelacht. Gemeinsam haben wir die Rückschläge, die Ungewissheit und schweren Stunden überstanden. Die Unterstützung durch unsere Familie, die fürsorgliche Pflege der Krankenpfleger- und pflegerinnen, die Begleitung durch Frau Clausing sowie die sehr gute Behandlung durch die Ärzte haben uns dabei sehr geholfen.
Vincent ist heute ein wunderbares, freundliches, munteres und fröhliches Kind. Er kann lachen, toben, laufen, weinen, tanzen, spielen, … Eben alles das, was ein Kind in seinem Alter so macht. Ein echter Kämpfer.
Mit dieser Geschichte möchten wir all denen Mut zusprechen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Auch wenn man zwischenzeitig verzweifeln kann, können wir im Nachhinein sagen, dass es sich lohnt, Seite an Seite zu kämpfen.